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Relikt der einstigen Landwehren

geschrieben von Irene Lange im Oktober 2013

Mittelalter begrüßt – oder verabschiedet — er dort die Besucher und Bewohner von Stadt und Umgebung

In der heutigen Zeit haben die Menschen an dieser Stelle freien Durchgang. Das sah in damaliger Zeit anders aus, denn schon im Mittelalter kannte die Obrigkeit Mittel und Wege, um städtische Interessen zu wahren, um zu Geld zu kommen und das Stadtsäckel zu füllen. So wurde 1392 das Gebot erlassen, dass Kaufleute Lüneburg nicht umfahren durften. Um dies zu erzwingen, wurden ab 1397 die sogenannten Landwehren gebaut, Erdwälle mit dazwischen liegenden Wassergräben, die mit Hecken, Sträuchern und Büschen bepflanzt zu einem undurchdringlichen Dickicht wurden. Wo die wichtigsten Handelswege die Landwehren durchschnitten, befanden sich Warttürme und Schlagbäume. Zusätzlich bewachten Landwehrknechte die Durchlässe, so genannte reitende Diener kontrollierten das Umland.
Eine derartige Landwehr existierte neben der Altstadtbefestigung in Lüneburg zwischen 1397 und 1484. In Form eines unregelmäßigen Rings im Abstand von bis zu 10 km umgab sie die Stadt und sorgte dafür, dass der Weg der Händler geradewegs durch die Stadt führte, wofür diese dann einiges an Gebühren erhob. Die Wachtürme, von denen heute lediglich die Hasenburg übrig geblieben ist, sicherten die Durchlässe. Von denen ist nur ein einziger bis heute erhalten, nämlich die Hasenburg am Hasen­burger Teich, der ihr wohl zu ihrem Namen verhalf. Fragmente der Wälle und Gräben der eins­tigen Landwehren sind immer noch erkennbar.

Erstmals wurde die Hasenburg, die sich auch heute noch in imposanter Größerechterhand auf dem Weg nach Rettmer präsentiert, 1397 schriftlich erwähnt.

Eine besondere Bedeutung hatten die Landwehren zusätzlich für die Durchsetzung des Stapelrechts, das der Stadt 1392 verliehen wurde. Es verpflichtete Händler, die aus umliegenden Regionen kamen, ihre Waren für drei Tage in der Stadt zum Verkauf anzubieten, also zu „stapeln“. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein galt dieses Recht, doch verlor es aufgrund eines zunehmend erweiterten Straßen­netzes und der allmählichen Öffnung der Befestigungen alsbald an Bedeutung.
Erstmals wurde die Hasenburg, die sich auch heute noch in imposanter Größe rechterhand auf dem Weg nach Rettmer präsentiert, 1397 schriftlich erwähnt. Allerdings, so berichtet Stadtarchäologe und Kurator des Museums Lüneburg Dr. Edgar Ring, seien im Laufe der Jahrhunderte doch einige bauliche Veränderungen, unter Anderem an Fenstern und am Mauerwerk, vorgenommen worden.
Bereits 1690 sind Gastwirte in der Hasenburg nachgewiesen, und auch heute wird der Gebäudekomplex noch als Gasthaus, Hotel und Restaurant geführt. Im 15. Jahrhundert beherbergte der Bau auswärtige Pilger, die auf Wallfahrt nach Aachen gingen. Sie wurden von der Lüneburger Mariengilde mit Speis und Trank versorgt, „dar man ut spiset de armen pelegrime in der akenschen vart“, und Unterstände und Bänke wurden eigens für die Wandernden errichtet. („scheuer und gesete“ … „dar de pilgrimme droege under sitten mogen“). Zahlreiche Nachlässe unterstützten diese Einrichtung; sie sind noch aus dem frühen 15. Jahrhundert bis etwa Mitte des 16. Jahrhunderts erhalten. In diesen wurde verfügt, dass Aachenfahrer weiterhin mit Brot und Bier versorgt wurden. Aber auch anderen Personen wurde „Obdach“ gewährt; so soll ein kleiner Raum im Inneren des Turms einst als Gefängnis gedient haben.

gingen. Sie wurden von der Lüneburger Mariengilde mit Speis und Trank versorgt.

Zum Komplex der Hasenburg gehörte auch eine Wassermühle, wobei 1545 ebenso eine Kupfermühle nachgewiesen wurde; 1577 wurde sie als Pulvermühle, ab 1691 für viele Jahre als Papiermühle genutzt. Im Jahre 1718 erwarb sie Cornelius Johann Stern für 30 Jahre auf Wiederkauf von 1.500 Taler. 1857 baute der Lüneburger Kaufmann Victor Be­nickendorff auf dem Gelände eine Brauerei, die aller­dings 1921 ihren Betrieb einstellte. Die Mühlen­gebäude sind ebenso erhalten wie die alte Fabrikantenvilla.
Der Komplex der Hasenburg mit dem majestätischen Backsteinturm und den daran gelehnten Gebäuden ist bis heute Blickfang an der Ortsgrenze von Lüneburg. So fühlten sich bereits in früheren Zeiten Künstler inspiriert, den Turm und die sich daran an­schließenden Fachwerkgebäude in Gemälden und Zeichnungen darzustellen. Diese legen Zeugnis davon ab, dass das charakteristische Bauwerk die unterschiedlichen Zeitstufen über Jahrhunderte fast unverändert überdauert hat.(ilg)

Fotos: ;Museum Lüneburg/Michael, Ring 2005, Kat.-Nr. 103, Enno Friedrich