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Die Kampfkunst des Mittelalters

geschrieben von Irene Lange im September 2019

In früheren Zeiten gehörte es zur unabdingbaren Ausbildung eines Mannes, das Fechten zu erlernen. Dabei ging es nicht nur um Angriff oder Selbstverteidigung, sondern auch um Körperbewusstsein, Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Kraft von Irene Lange

nsbesondere die mittelalterliche Fechtkunst, ob mit Rapier oder Schwert, findet heute wieder ihre Anhänger. So auch in Lüneburg. Hier sind es derzeit 35 Mitglieder, die historische Kampfkunst in der Gruppe „Schwertkampf Lüneburg“ betreiben. Die Altersstufen reichen von 12 bis 56 Jahren, wobei der Frauenanteil über 30 Prozent liegt.
Einer, der sich in seiner Freizeit der historischen Schwerter-Kampfkunst verschrieben hat, ist der 32-jährige Florian Gienke aus Lüneburg. Er ist Trainer und leitet die entsprechende Abteilung, die inzwischen seit Juni dieses Jahres als anerkannte Sportabteilung dem MTV Treubund angehört. Anfangs traf man sich im Kurpark zu ersten kleineren Kämpfen, die auf reges Interesse bei den Zuschauern stießen. Inzwischen ist die Historische Schwertkampfgruppe aus Lüneburg nicht nur in der Heimatstadt, sondern auch bei Schaukämpfen und Turnieren andernorts bekannt geworden. Großen Anklang fand die Gruppe in einem selbst gebauten Wikingerboot beim Sülfmeisterumzug 2018 und wurde als Gewinner mit dem besten Auftritt gekürt.
„Ich hatte schon als Kind eine große Affinität zum Mittelalter“, erzählt Gienke. Aber auch der Sport habe in seinem Leben schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Was mit einigen Jahren Judo anfing, ging über zwei Jahre Buhurt, einer mittel­alter­lichen Kampfsportform, bis hin zum mittelalterlichen Schwertkampf mit dem langen Schwert und in Verbindung damit auch dem Ringen. Zunächst nahm er ein Jahr an Schaukämpfen teil. Die Teil­nahme an Forschungsgruppen wie „Neue Marx-­Brüder“, ein Verein zur Förderung historischer Kampf­künste, brachte weitere Erkenntnisse, die teilweise auf den bekannten Fechtmeister Ende des 14. Jahrhunderts, Johannes Liechtenauer, zurückgehen.
Inzwischen teilt Gienke seine Leidenschaft für den historischen Kampfsport auch mit seinem Vater, der mit 56 Jahren der älteste Teilnehmer ist.

Auch sein privates Glück hat er in der Gruppe gefunden, hier lernte er seine Verlobte Ronja Harleß kennen und lieben. „In den offiziellen Sportvereinen gibt es keine Schulen für Rapier- oder Schwertfechten“, erklärt Gienke. So sind die „alten Waffen“, wie das Schwert, fast in Vergessenheit geraten. Dass es soweit nicht kommt, dafür sorgen auch in Deutschland diverse histo­rische Schwertkampfgruppen. Natürlich hat alles seine Ordnung: Der Umgang mit den Schwertern unterliegt der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz“. So wird das Führen eines Schwertes bei der Brauchtumspflege oder dem Sport erlaubt, wobei Voraussetzung ist, dass Schneide und Spitze abgestumpft sind. Meist haben die Schwerter eine Länge von 1,30 Meter und gelten somit als „langes Schwert“. Damit Verletzungen vermieden werden, ist es erforderlich, Schutzanzüge und Gesichtsmasken zu tragen. „Schutz vom Hacken bis zum Nacken“, lautet da die Devise. Vor Publikum darf es dann schon etwas martialischer aussehen, indem authentische Rüstungen getragen werden, manchmal von geschickter Hand selbst angefertigt. Da kommen schnell mal mehr als 1.000 Euro zusammen. Und: „Sport ist total wichtig, um überhaupt den Schwertkampf ausüben zu können“, erklärt Florian Gienke. So ist er dankbar, dass Dennis Thomas als Kondi­tionstrainer des MTV die Trainingsstunden mit Zirkeltraining und Basketball für die Mitglieder übernimmt – wichtig für Kondition, Kraft und Geschicklichkeit. Auf den Sieg im Kampf kommt es nicht an. Vielmehr soll die mittelalterliche Kampfkunst Europas nach überlieferten Quellen rekonstruiert werden. Motto: „Alles miteinander, nicht gegeneinander“.

Fotos: Enno Friedrich