Auf Wiedersehen im Mai
geschrieben von Irene Lange im Mai 2014Kulturaustausch: Seit 25 Jahren besucht eine Motorrad-Gruppe aus dem norwegischen Städtchen Tynset Lüneburg. Mit dem Hotel „Zum Roten Tore“ verbindet sie eine herzliche Freundschaft

Alle Jahre wieder, immer Anfang Mai, kommt eine Gruppe Motorradfahrer aus dem Städtchen Tynset im Südosten Norwegens nach Lüneburg. Und immer wohnen die rund zehn bis fünfzehn Nordländer im Hotel und Restaurant „Zum Roten Tore“. Die freundschaftliche Verbindung zwischen den Gästen aus dem hohen Norden und Hans Winterberg, dem Seniorchef des Hotels, besteht nunmehr seit 25 Jahren.
„Alles begann mit einer Einladung des Lehrers Mathias Roe aus Tynset“, erzählt Winterberg. Als junger Mann habe der Norweger 1972 für zehn Monate in Lüneburg die deutsche Sprache studiert und war in jener Zeit Stammgast bei ihm. Man freundete sich an, und bald folgte eine Einladung nach Norwegen zu dessen Hochzeit, die Winterberg gern annahm.
Ein Kneipenleben, wie es in unseren Landen lebendig ist, kannten die Norweger in ihrem Heimatort bisher nicht.

So kam es, dass er Anfang der 1970er zum ersten Mal ins norwegische Tynset reiste, um mit seinem norwegischen Freund dessen Eintritt in das Leben als Ehemann zu feiern. Bei der damaligen Feier war auch Atle Fiskvik, seines Zeichens Polizist aus Tynset, eingeladen, der heute Chef der dortigen Polizei ist. Dieser übernimmt bis heute die Organisation der jährlichen Fahrten auf den „Feuerstühlen“ ins Heideland. Auch sein Sohn ist mittlerweile Teil der norwegischen Reisetruppe, die es immer wieder in die Stadt an der Ilmenau zieht. Und nicht nur er, sondern auch die anderen Mitglieder der Motorradgruppe nutzen häufig die Gelegenheit, auf Reisen gemeinsam mit ihren Familien einen kurzen Zwischenstopp im Hotel „Zum Roten Tore“ einzulegen und bei Winterbergs „Hallo“ zu sagen.
Jeweils zwei bis drei Tage bleiben die Biker bei ihrem alljährlichen gemeinsamen Besuch in der Salzstadt. Tagsüber werden Ausflüge in die Heide, an die Elbuferstraße oder auch ein ganz gemütlicher Stadtbummel ohne die Zweiräder unternommen. Abends trifft man sich dann im Hotel zum zünftigen Essen und erzählt anschließend in fröhlicher Runde – Hans Winterberg immer mit dabei — von alten Zeiten und neuen Begebenheiten. „Manchmal geht es richtig rund“, schmunzelt der Wirt spitzbübisch. Nicht ganz unbeteiligt ist sicher sein obligatorischer Willkommenstrunk, der hochprozentige Heidelikör. In Norwegen, so erinnert sich Winterberg, habe es damals vor über 40 Jahren selbstgebrannten Schnaps gegeben. Dieser tat sein Übriges, als zu den Klängen einer Kapelle zum Tanz geladen wurde. Selbst die Musiker sprachen dem „Feuerwasser“ kräftig zu, sodass immer wieder einer von ihnen ausfiel. Erstaunlicherweise habe man aber sofort einen halbwegs nüchternen Ersatz parat gehabt.
„Manchmal geht es richtig rund“, schmunzelt der Wirt spitzbübisch.

Bei ihrem Aufenthalt im Hotel „Zum Roten Tore“ genießen die Norweger das Beste, was die Küche zu bieten hat, selbstverständlich begleitet von gutem Rotwein und Hochprozentigem zum Abschluss. Allerdings dauerte es etwas, bis die Tradition des „Runden-Ausgebens“ beherrscht wurde, nicht selten hat einer ordentlich Lehrgeld zahlen müssen, weil er das Glas schon an die Lippen gesetzt hatte, bevor das „Prost“ erklungen war. Ein richtiges Kneipenleben, wie es in unseren Landen lebendig ist, kannten die Norweger in ihrem Heimatort bisher nicht. Umso mehr genießen sie ihren Aufenthalt und die Gastlichkeit des Lüneburger Hotels. Im Gastraum „Stübchen“ wird geklönt – und das klappt hervorragend, trotz der geringen Sprachkenntnisse. Erst radebrechend, dann vermeintlich immer flüssiger, je später der Abend wird. Und weil die Motorrad-Freunde nun seit so vielen Jahren ihren feucht-fröhlichen Urlaub in Lüneburg verbringen, kommen sie auch in diesem Jahr Anfang Mai an die Ilmenau. Zur Heimreise spendiert ihnen Winterberg jedes Mal eine Flasche Schnaps, die sie in ihrer Heimat sicher auf sein Wohl und ein gesundes Wiedersehen im nächsten Jahr trinken werden.(ilg)
Fotos: wikimedia (CC BY-SA 3.0) © Apple farmer; privat

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