Martin und die Gänse
geschrieben von Anna Kaufmann im November 2015
Im traurigen Monat November war’s, die Tage wurden trüber …“ – so begann Heinrich Heines berühmtes Gedicht „Deutschland. Ein Wintermärchen“, das er vor 170 Jahren schrieb. Der November gilt seit jeher als dunkel und unwirtlich. Dabei lädt gerade der erste Wintermonat zu Gemütlichkeit und kulinarischen Genüssen sein.
Am 11. November, dem Tag des Heiligen Martin (Martin von Tours), ist es beispielsweise Brauch, eine Gans zu braten. Eine Legende erzählt, dass sich der fromme Soldat, der einst seinen Mantel mit einem Schwert teilte und die eine Hälfte einem Bettler gab, aus Bescheidenheit in einem Gänsestall versteckte, als er zum Bischof geweiht werden sollte. Die Gänse verrieten ihn jedoch durch ihr lautes Geschnatter. Anderswo liest man, dass eine vorwitziger Gänseschar in die Kirche gewatschelt sei und mit ihrem Schnattern Martins Predigt gestört habe – dafür mussten sie büßen. In Norddeutschland, wo man es nicht so sehr mit den Heiligen hat, isst man dennoch schon seit jeher im November Gänsebraten. In überwiegend protestantischen Gebieten führt man den Gänseschmaus auf Martin Luther und nicht auf den katholischen Schutzheiligen zurück – und brät die „Martinsgans“ bereits am 10. November, Luthers Geburtstag. Ebenso einleuchtend ist die Theorie, dass der 11. November das Ende des Erntejahres markierte. Am Martinstag mussten die Bauern ihren „Zehnten“ an die Lehnsherren entrichten, und die meist in Naturalien, wozu seit dem 13. Jahrhundert bevorzugt Gänse zählten. Ein weiterer volkstümlicher Brauch ist das Martinisingen oder Martinssingen, bei dem Kinder mit Laternen singend von Haus zu Haus ziehen und Süßigkeiten, Gebäck, Obst und andere Gaben erbitten.
„Marten, Marten Tien
slacht’n fetten Swien.
Marten is een goden Mann,
de uns got wat gäben kann.
Appel un Beern mögen wi gern,
Plum un Brabeern ok so gern.
Gäwt uns wat un lot uns gon,
dat wi för Obend noch wierer kom!“(ak)
Foto: 123rf.com © Claudia Otte
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