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Ein Kaufhaus mit Mehrwert

geschrieben von Cristiane Bleumer im Februar 2013

Das „ZEUGHAUS“ in der Lüneburger Katzenstraße: Das „ZEUGHAUS“ in der Lüneburger Katzenstraße:

Leise Musik rieselt aus den Lautsprechern. Zwischen Regalen mit Damen-, Herren- und Umstandsmode schweift der Blick zu der Abteilung mit Kinderbekleidung. Einige Hemdchen und Pullover werden dort gerade von zwei Mitarbeiterinnen eingeräumt. Schuhe in vielen Größen, Gürtel, Halstücher und Schals vervollständigen das Textilienangebot. Vielleicht jetzt noch schnell in einem anderen Bereich ein Buch für die gemütliche Lesestunde am Nachmittag aussuchen? Oder doch lieber praktisch denken und erstmal das Geschirr und die Gläserserie für die Küche kaufen? Nun nur noch eben zur Kasse, um die Ware zu bezahlen. Also ein ganz alltäglicher Einkaufsbummel in einer der Shoppingmeilen Lüneburgs? Nicht ganz, denn das ZEUGHAUS, um das es hier geht, ist ein „Kaufhaus mit Mehrwert“.
Seit rund sechs Jahren bietet die Einrichtung in der Katzenstraße 3 einerseits günstige Einkaufsmöglichkeiten und hat daher vor allem gebrauchte Kleidung und Hausrat im Sortiment. Zusätzlich erhalten in dem rund 300 Quadratmeter großen Sozialkaufhaus etliche Langzeitarbeitslose die Chance, sich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. In einem geschützten, dennoch öffentlichen Raum werden sie damit an eine Beschäftigung im regulären Arbeitsmarkt herangeführt und in den drei Bereichen Verkauf, Näherei und Hauswirtschaft geschult. „Die Maßnahmen sind jeweils auf sechs Monate begrenzt“, berichtet Projektleiterin Andrea Exner, „können aber in begründeten Fällen ver­längert werden.“ Vermittelt werden die Teilnehmer vom Jobcenter, betrieben wird das ZEUGHAUS von der job.sozial GbR, der gemeinsamen Gesellschaft der neue arbeit lüneburg-uelzen gGmbH und der AWOCADO Service gGmbH.

Dabei ist es Andrea Exner besonders wichtig, dass das Kaufhaus professionell geführt und eingerichtet wird. „Auch ein Sozialkaufhaus kann nicht stehen bleiben“, so die Projektleiterin. Daher habe man erst kürzlich auf die Hilfe externer Berater gesetzt und das Erscheinungsbild modernisiert. Durch neue Fenstergestaltungen und Änderungen in den Verkaufsräumen können die Kunden schon von draußen besser sehen, was es alles gibt. „Man kann bei uns ganz unverbindlich hereinschauen, wie in jedem anderen Geschäft auch.“

Auch ein Sozialkaufhaus lebt von Innovation und kann nicht stehen bleiben –Erst kürzlich wurde das Erscheinungsbild modernisiert.

Mit Hilfe von Anleiterinnen und einer Sozialpädagogin bewältigen die maximal 20 Mitarbeiter alle Aufgaben, die auch in einem völlig normalen Betrieb zu erledigen wären. Es beginnt mit der Warenannahme, nur dass es sich in diesem Fall meist um Waren handelt, die von Privatleuten gespendet wurden. Dann wird aussortiert, denn: „Nicht alles, was uns gebracht wird, ist wirklich für einen Weiter­verkauf geeignet“, berichtet Projektleiterin Andrea Exner. „Bringen Sie uns die Kleidung, die Sie selbst noch tragen würden“, appelliert sie daher an potentielle Spender. Doch auch die Waren, die nicht den Weg in die Regale finden, würden auf alternative Verwendungsmöglichkeiten geprüft und im Mindestfall wieder dem Stoffkreislauf zugeführt, verspricht sie. „Uns geht es auch darum, Ressourcen zu schonen, indem wir Gebrauchtes weiter nutzbar machen.“ Damit leistet das Zeughaus auch einen guten Beitrag zum Umweltschutz, freut sie sich.
Sind die passenden Spenden für den Verkauf gefunden, wird nach Größen und Produktgruppen ­sortiert. Auch die Preisauszeichnung liegt in den Händen der Mitarbeiter. Ob Kleidungsstück, Bücher oder Trinkglas: Jedes Teil wird mit einem Etikett oder Schild versehen, auf dem zwei Preise genannt ­werden, denn die ohnehin schon günstigen Preise werden für Käufer mit einer Zeughaus-Kundenkarte nochmals reduziert. Diese Karte bekommt jeder, der nachweist, dass er über ein niedriges Einkommen verfügt.

Menschen, die an der Gesellschaft und dem Arbeitsleben teilnehmen wollen –Im ZEUGHAUS können sie ihren Beitrag leisten.

nschließend geht es um die Präsentation der ­Waren, die nicht nur in den Regalen liegen, sondern vielfach auch in schönen Arrangements auf Käufer warten. Viele der Mitarbeiter haben ein echtes Händchen dafür, wie die ausgestellten geschmackvollen Kombinationen beweisen. Beratung und Verkauf und der Umgang mit den Kunden sind eine weiteres Tätigkeitsfeld im Zeughaus — und ­natürlich die Kasse. Auf dieser besonderen Vertrauensposition versieht Petra Ampadu-Gyane ­ihren Dienst und garantiert, dass am Ende des ­Tages die Bilanzen stimmen. „Alles in allem ist dies wirklich wie ein normales Einzelhandelsunternehmen aufgebaut“, betont Andrea Exner. „Wir haben hier Menschen, die an der Gesellschaft und dem Arbeitsleben teil­nehmen wollen. Im Zeughaus können sie ihren Beitrag dazu leisten.“ Hier wird wirklich jede Hand gebraucht. Fehlt einer, ist diese Lücke kaum zu füllen.
Und genau das ist für die Teilnehmer an der Qualifikation so wichtig. Damit ist die Tätigkeit im Zeughaus für die meisten Mitarbeiter auch weitaus mehr als eine Qualifizierungsmaßnahme oder ein „Ein-Euro-Job“, wie diese Maßnahmen landläufig auch genannt werden. „Ich stehe morgens auf und weiß, wo ich hingehe“, sagt eine Teilnehmerin – ein Projekt also, das viele Gewinner hat.(cb)


ZEUGHAUS
Katzenstraße 3
21335 Lüneburg
Tel.: (04131) 75 71 388
www.zeughaus-lueneburg.de
Öffnungszeiten:
Mo. – Fr.: 9.00 – 18.00 Uhr

Fotos: Enno Friedrich