„Da stelle ma uns mal janz dumm …“
geschrieben von Rüdiger Albert im Dezember 2011DIE FEUERZANGENBOWLE GEHÖRT IM WINTER ZU DEN KULTGETRÄNKEN DER NATION, UND DAS VERDANKT SIE DEM GLEICHNAMIGEN FILM MIT HEINZ RÜHMANN
Ihren Namen verdankt die Bowle der englischen Bezeichnung für Schüssel, nämlich „bowl“. Die im Sommer so beliebten Getränkemischungen haben ihre Vorläufer in den Kräuter- und Gewürzweinen des späten Mittelalters. Sie eignen sich hervorragend und sind gern genommen als leichtes Sommergetränk in den Nachmittags- und Abendstunden.

Dass Bowlen im Sommer Hochkonjunktur haben,
liegt nicht nur daran, dass sommerliche Tempe- raturen leichtere Getränke erfordern, sondern auch
an der Erntezeit vieler einheimischer Obst- sorten, die sich frisch geerntet hervorragend für eine
solche eignen. Da aber auch Obstkonserven und Tiefkühlprodukte in den Regalen und Kühl- truhen der
Supermärkte glänzen, ist es kein Pro- blem, zu jeder Jahreszeit eine Bowle anzusetzen.
Ganz streng betrachtet, nach den Regeln der in- ternationalen Barkeeperzunft, ist die Bowle ein
kaltes Getränk, das aus Wein bzw. Sekt und Früchten zusammengemixt wird. Für den Haus- gebrauch
sind die kühlen Mischungen kaum ge- eignet, weil fast immer eine große Menge an ver- schiedenen
Getränkesorten zusammenkommt. Es sind also eher Getränke für Feste, Feten und Feiern.
„Da stelle ma uns mal janz dumm …“, gibt der Herr Professor im berühmten Film „Die Feuer-
zangenbowle“ zu bedenken. Denn eine weitere Kategorie der Getränkemischungen nach den Regeln der
internationalen Barkeeperzunft ist
der Punsch. Dies wiederum ist ursprünglich die
Bezeichnung für ein Teegetränk aus Indien, das mit Arrak, Zitronen und Gewürzen hergestellt wird.
Heutzutage ist das Wort Punsch zu einem Überbegriff für heiße, alkoholische Getränke mutiert, die
ordentlich gewürzt werden. Der Al- koholgehalt ist meist recht deftig, dennoch schmeckt der Alkohol
kaum durch. Die Feuer- zangenbowle ist also — wenn man so will — ein Punsch. Wer hätte das gedacht?
Keine Bowle, weil Bowlen kalt serviert werden –und eine kalt servierte Feuerzangenbowle ist
fürwahr eine Strafe Gottes.
Wiederum in dem bekannten Filmstreifen finden wir auch Aufschlussreiches über die Wirkung dieses
Getränkes: „Eine Feuerzangenbowle hat es in sich! Nicht wegen des Katers. Das ist eine Sache für
sich. Eine Feuerzangenbowle ist keine Bowle. Sie ist ein Mittelding zwischen Gesöff und Hexerei.
Bier sackt in die Beine, Wein legt sich auf die Zunge, Schnaps kriecht ins Ge- hirn.“ Und nun
kommt’s: „Eine Feuerzangen- bowle aber geht ans Gemüt. Weich und warm hüllt sie die Seele ein,
nimmt die Erdenschwere hinfort und löst alles auf in Dunst und Nebel.“
Die heiße Gemütsbowle hat es also in sich. Das liegt weniger an Obst und Gewürzen, sondern eher am
Alkohol, dem Rum. Denn der muss min- destens 50 Umdrehungen vorweisen, sonst ent- flammt er nicht.
Da ist Vorsicht geboten oder, wie es im Film heißt: „Herr Professor, Herr Professor! Ich seh’ alles
doppelt, merken Sie’s nicht?“ (ra)
FOTOS: PIXELIO.DE © TELEMARCO; FOTOLIA.DE © INGRIDHS
DER KLASSIKER FÜR 4 – 6 PERSONEN
– 3 Flaschen Bordeauxwein
– 1 Stück Orangenschale
– 1 Stück Zitronenschale
– 5 Gewürznelken
– 1 kleiner Zuckerhut
– 1 Flasche hochprozentiger Rum
Den Wein in einen Kupferkessel geben und erwärmen. Orangenschale, Zitronenschale und Nelken in
ein Mullsäckchen binden und am langen Faden in den Wein hängen. Die Feuerzange über den Kessel
legen, den Zuckerhut drauf platzieren, mit Rum tränken und anzünden. Stetig etwas Rum nachgießen,
bis er verbraucht und der schmelzende Zucker in den Wein getropft ist; dann die Feuerzange und
den Gewürzbeutel entfernen. Bowle in feuerfesten Gläsern servieren.
MODERNE VARIANTE FÜR 10 PERSONEN
– 4 Flaschen Rotwein
– 2 unbehandelte Orangen
– 2 – 10 Esslöffel Zitronensaft
(je nach Säurebedürfnis)
– 2 Zimtstangen
– 10 Nelken
– evtl. 1 unbehandelte Orange und
2 Zimtstangen extra für die Optik
– 1 Flasche hochprozentiger Rum
Orangen in Scheiben schneiden, eine Scheibe mit den Nelken spicken. Wein, Zimtstangen, Zitronen-
saft und Orangenscheiben in einen Topf geben. Das Ganze circa 40 Minuten bei 60 Grad Celsius
durchziehen lassen. Danach unbedingt die Orangenscheibe mit den Nelken entfernen (sonst schmeckt
der Punsch nur nach Nelke). Nach dem Entfernen der Nelkenscheibe noch mal 30 Minuten ziehen
lassen. Für die Optik kann man nun die aufgeweichten Orangenscheiben und Zimtstangen durch frische
ersetzen. Feuerzange über den Topf legen, Zuckerhut drauf platzieren, mit Rum tränken und
anzünden. Stetig etwas Rum nachgießen, bis er verbraucht und der schmelzende Zucker in den Wein
getropft ist; dann die Feuerzange entfernen. Bowle in feuerfesten Gläsern servieren.
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