Mönche auf Friedenstour
geschrieben im Juli 2012Im Gespräch mit einem buddhistischen Meditationsmeister über den Besuch der Mönche während ihrer Friedenstour vom 23. bis 27. Juli in Lüneburg

Seit September 2011 sind die Mönche des südindischen Sera-Klosters in Europa unterwegs, vom 23. bis 27. Juli gastieren sie auch in der Lüneburger Ritterakademie. In deren lichten Räumen wird ein Sandmandala entstehen, ein temporäres, vergängliches Symbol für den Ort des Buddhas des Mitgefühls. Der Beginn dieser kunstvollen Arbeit ist am 23. Juli um 15.00 Uhr, um 17.00 Uhr hält Oliver Petersen vom Tibetischen Zentrum Hamburg einen kurzen Vortrag zur Einführung und Erläuterung der Mandala-Malerei. Die Mönche befinden sich in Begleitung eines Übersetzers, so dass sie jederzeit für Fragen zur Verfügung stehen. Täglich zwischen 14.00 und 18.00 Uhr sind interessierte Menschen herzlich eingeladen zu meditieren oder einfach neugierig zu sein und den Mönchen bei der Arbeit „über die Schulter zu schauen“. Der Eintritt ist frei.
Welche sind die Ziele der Europäischen Friedenstour der Mönche?
Ziel ihrer Reise ist es, Einblicke in die einzigartige tibetische Kultur und den tibetischen Buddhismus zu geben, sowie Begegnungen zu ermöglichen. Parallel möchten sie mit ihrer Tour auch Mittel für den Unterhalt ihres Klosters sammeln, dazu werden sie sakrale Tänze aufführen und Sandmandalas erstellen. Auch ist es möglich, sie individuell um spirituellen Rat zu fragen.
Wozu dienen die Spenden?
Das ursprüngliche Kloster Sera wurde 1419 in Tibet gegründet und entwickelte sich zu einer der größten monastischen Universitäten der Welt. Zum Zeitpunkt der chinesischen Invasion lebten dort etwa 9.000 Mönche. Viele Tausende von ihnen kamen beim und nach dem Einmarsch ums Leben, nur wenigen gelang die Flucht ins indische Exil. Dort lebte die Tradition mit der Gründung der Sera Mahayana Klosteruniversität im Süden Indiens wieder auf. In den beiden Klöstern Sera Je und Sera Me leben heute ca. 6.000 Mönche. Im Mittelpunkt des Studiums dort stehen die fünf großen philosophischen Texte des Buddhismus über Logik, die Perfektion der Weisheit, ethische Disziplin, Metaphysik und die Sicht des Mittleren Weges. Rund 700 Mönche haben bereits ihre Studien mit dem Titel eines „Geshe“ abgeschlossen. Das Kloster Sera zählt heute zu den wichtigsten Institutionen für philosophische Studien in der Welt. Um die bestehende Infrastruktur zu unterhalten, zu verbessern und somit diese monastische Tradition zu bewahren, ist das Kloster hauptsächlich auf Hilfe von außen angewiesen.
Wer sind die Mönche, die auf diese Friedenstour durch die Lande reisen?
Die neun Mönche sind vom Verwaltungsrat des Sera Klosters für diese Tournee auserwählt worden. Gomde Rinpoche, geboren 1973 in Darjeeling, ist mit sechs Jahren dem Kloster Sera beigetreten und erhielt mit 30 Jahren den Titel eines Geshe (Doktor der Philosophie). Später vertiefte er seine Studien am Tantric College von Gyuto. Geshe Sonam Wangyal wurde 1968 in der Provinz Kham in Tibet geboren, trat mit neun Jahren dort in ein Kloster ein und floh im Alter von 20 Jahren ins Exil nach Indien, um dort seine Studien weiterzuführen. 2006 beendete er seine Ausbildung als Lehrer. Er arbeitet unter anderem in der Verwaltung der Klosteruniversität. Die anderen sieben Mönche studieren die buddhistischen Lehren, versuchen sie durch Meditation zu verinnerlichen und tragen somit zur Bewahrung dieser Lehren bei. Darin besteht die Hauptaufgabe eines Mönches im Sera Kloster.

Sie haben lange im Sera Kloster studiert. Wie sieht der Alltag der Mönche im Kloster aus?
Der Tag beginnt mit den Morgengebeten um 5.00 Uhr. Die morgendliche Debattierklasse findet von 8.00 bis 10.00 Uhr statt und wird von Gebeten unterbrochen. Die Zeit von 10.00 bis 11.00 Uhr wird schließlich je nach individuellen Bedürfnissen verbracht: Studien mit einem Lehrer, persönliche Textstudien, memorisieren (auswendiglernen) oder Meditation. Von 11.00 Uhr bis 11.25 Uhr wird zum Mittagessen geläutet, danach ist Mittagspause. Ab 13.00 Uhr wird Unterricht in Tibetischer Grammatik und Englisch angeboten. Bis um 16.30 Uhr finden wieder Unterrichtsklassen mit einem Lehrer statt, oder memorisieren, persönliche Studien usw., je nach Programm. Das Abendessen ist früh, bereits um 16.30 Uhr. Um 17.30 Uhr beginnt die abendliche Debattierklasse bis 21.00 Uhr. Danach memorisieren sie erneut Texte und rezitieren jene, die sie bereits auswendig gelernt haben. Das gesamte Studienprogramm dauert mindestens 15 Jahre, mit einigen zusätzlichen Jahren, um Doktor der Philosophie (Lharampa Geshe) zu werden.
Wie kann die Erstellung eines Sandmandalas zum Frieden beitragen?
Ein Mandala ist eine Manifestierung des erleuchteten Bewusstseins. Vor mehr als 2.500 Jahren hat Buddha den Schülern, deren Bewusstheit schon durch großes Mitgefühl und Einsicht in die tiefere Natur der Dinge gereift war, die Lehren des Tantra übermittelt, bei denen die Herstellung von Mandalas eine wichtige Rolle spielt. Im Idealfall erschafft der Meditierende im Zustand meditativer Konzentration das Mandala auf geistiger Ebene. Sein Bewusstsein wird somit Ausdruck psychischer Vollkommenheit. Die Buddhisten glauben, dass zum Beispiel bereits das kurze Erblicken des Mandalas von Chenrezig (oder Avalokiteshvara in Sanskrit) einen positiven Eindruck im Geistesstrom des Beobachters hinterlässt, der dadurch für einen Moment mit dem zeitlosen Ideal des allumfassenden Mitgefühls in Berührung kommt.
In den letzten Jahren wächst das Interesse für die buddhistische Philosophie in der westlichen Gesellschaft. Wie erklären Sie sich dies?
Der Buddhismus ist in seinem Ursprung weder ein Dogma noch eine Religion, sondern eher eine Kunst zu leben, eine Anleitung zum inneren Frieden, zu Glück und Weisheit. Die buddhistische Philosophie ist logisch und regt zum Nachdenken, zum Überprüfen der eigenen Erfahrung an und ist somit psychologisch, das heißt: Sie entspricht unserem westlichen Denken, auch dem wissenschaftlichen.
Foto: Jens Nagels
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