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300 Kilo Kunst

geschrieben von Natascha Mester im Juli 2013

Ein Tisch, so er von einem kreativen Geist erschaffen ­wurde, vermag zu einem einzig-
artigen Kunstwerk zu werden. Der prominente
italienische Gegenwartkünstler Bruno Bruni
stellt jetzt seine „In Saecula Saeculorum“ vor

In seinen Bildern, seinen Skulpturen begegnet man häufig der Weiblichkeit in ihrer anmutigsten Form: in der Umarmung zweier Menschen, in dem Spiel zwischen Nacktheit und Verhüllung, zwischen Schutzlosigkeit und Schutz. Die Frau – ein Thema, das für Bruno Bruni so variabel ist wie kein zweites, denn: Bis heute habe er Frauen, so glaube er, nicht wirklich verstanden. In seiner Kunst versuche er dem Unbekannten auf die Spur zu kommen, so lange, bis es ihm eines Tages gelingen möge. Brunis aktuelle Arbeit befasst sich weder mit der weiblichen ­Physiognomie noch mit der Malerei, es handelt sich eher um eine Skulptur, eine, in der sich die Grenzen zwischen Kunst und Gebrauchs­kunst aufheben.
Ein Tisch, so er von einem kreativen Geist erschaffen wurde, vermag zu einem einzigartigen Kunstwerk zu werden, eines, das den ehrfürchtigen Sammler möglicherweise dazu animiert, ihn auch als ein solches zu behandeln und seinen eigentlichen Zweck ad absurdum zu führen. Das aber, so der seit etwa 50 Jahren in Hamburg lebende ­bekannte italienische Maler, Lithograf und Bildhauer ­Bruno Bruni, sei nicht seine Absicht gewesen, als er den Prototypen jenes Tisches schuf, der jetzt in seinem Wohn­atelier, einem restaurierten ehemaligen Hamburger Stadtbad, zu sehen ist. Wie ein Käufer final mit seiner Kunst umgehe, das könne er nun einmal nicht beeinflussen, tut er mit der weichen Note Italien in der Aussprache kund. Doch dürften seine Tische allemal auch als solche ver­wendet werden, denn das Material bringe beste Voraussetzungen mit, sei ein äußerst solides: Marmor — natürlich, womit sonst sollte ein gebürtiger Italiener auch arbeiten wollen. Meine Frage, ob nun dieser aus dem Mekka des Marmors, aus Carrara, stamme, kann Bruni mit Sicher­heit verneinen. „Bei diesem Marmor handelt es sich um einen außergewöhnlichen. Er stammt vermutlich aus Eritrea oder Äthiopien und wurde in einem ausgetrockneten See gefunden. Man darf vermuten, dass er um die 200 Mio. Jahre alt ist.“ Aufschluss darüber geben die zahllosen, gut sichtbaren fossilen Einschlüsse, die zu Hunderten in den rötlichen Stein gebannt sind. „In Saecula Saeculorum“, „In alle Ewigkeit“ lautet dann auch der Name dieser Unikaten-Serie in Kleinstauflage. 200 bis 300 Kilogramm bringt ein solches Möbel auf die Waage, nichts für schwache Untergründe.
Mit einem marmorverarbeitenden Betrieb in Italien hat er sich zusammengeschlossen, ein Betrieb, der darauf spezialisiert ist, weltweit die schönsten und ungewöhnlichsten Maserungen und Farben zu entdecken. Darunter befand sich schließlich auch dieser Stein, den Bruni umgehend für seine Arbeiten reservieren ließ. Die Zahl der Tischplatten, die aus diesem seltenen Fund gewonnen werden können, ist gering, „vielleicht werde es für 10 bis 15 Tischplatten reichen“, so der Künstler.

Dieser Marmor wurde in einem ausgetrockneten See gefunden und ist vermutlich um die 200 Mio. Jahre alt.

Doch reicht diese Tatsache alleine nicht, um aus einem Tisch einen echten Bruni zu machen; dazu dienen vielmehr die ausdrucksstarken Aquarelle prähistorisch anmutender Tiere, die er im vergangenen Sommer malte: Hier äugt ein Chamäleon grün-blau dem Betrachter entgegen, da stelzt eine Grille auf filigranen Beinen über das Papier. Als ihn die Nachricht von dem Fund des Marmors erreichte, wusste er um die Bestimmung dieser Aquarelle. Er ließ ihre Motivkonturen erst auf die Platte übertragen, dann mittels eines extrem harten Wasserstrahls aus dem Stein herausschneiden. An ihre Stelle tritt schließlich eine aus unzähligen kleinen verschiedenfarbigen Marmorteilen dem Aquarell nachempfundene Figur, der Marmor selbstverständlich nicht künstlich eingefärbt, sondern in seinen betörenden Gelb-, Rosé-, Grün- und Blaunuancen, die ihm Mutter Natur verliehen hat. Der Bildhauer geht dafür selbst auf die Suche, durchkämmt die steingefüllten Materiakammern des Betriebes, bis er den Intarsien mit der gefundenen „Beute“ die Anmutung seiner Aquarelle zu verleihen vermag. Eine ganz alte Handwerkskunst sei diese Intarsienarbeit mit Marmor, bereits im 15. und 16. Jahrhundert wurde diese Technik von italienischen Künstlern perfektioniert. Heute ist sie leider in Vergessenheit geraten. Zugegeben, das Verfahren ist ein aufwändiges, nicht zuletzt der Transport des Schwergewichts, doch wenn ein Ästhet zu Werke geht, dann steht eben die künstlerische Idee und ihre Umsetzung im Vordergrund und nicht der Aufwand.
Einige Exemplare haben bereits seine Werkstatt verlassen und sind in die Wohnräume passionierter Sammler gezogen – eines auch nach Lüneburg. Für den Käufer hat Bruno Bruni eine persönliche Widmung in Form eines Widderkopfes als Intarsie in den Stein fräsen lassen – das Sternzeichen des langjährigen Kunden.
Informationen über die „In Saecula Saeculorum“-Tische von Bruno Bruni erhalten Sie unter der Telefonnummer (0175) 53 628 64.(nm)

Fotos: Enno Friedrich