Alles antik!
geschrieben von Natascha Mester im September 2011VOR 30 JAHREN ERÖFFNETE JOACHIM FAHRENKRUG DAS ERSTE ANTIQUITÄTEN-GESCHÄFT LÜNEBURGS

Mit dem für ihn so typischen Augenzwinkern
läutet Joachim Fahrenkrug das 30-jährige
Jubiläum seines Antiquitätengeschäftes
„Fahrenkrug Antiquitäten“ ein: „Vom 1. September
an gibt es 30 Tage lang 30 Prozent auf alles (außer
Hansegiebel-Produkte und Tiernahrung).“ 30 Jahre
– eine lange Zeit. Selbst ist Fahrenkrug alles andere
als eine Antiquität. Ein Lüneburger Charakterkopf,
der viel bewegt hat.
Doch von Anfang an: Fahrenkrug, spielte schon als
Kind in der Schweiz zwischen wertvollen Antiquitäten
und bekam dadurch ein Gefühl für die Kunst
und das antike Kunsthandwerk, zudem schleppte
ihn sein Vater, Kunstmaler und Architekt, schon in
frühen Jahren durch sämtliche Museen. Als solide
berufl iche Basis hielt eine Ausbildung zum Speditionskaufmann
her, doch hatten es ihm die Flohmärkte
angetan, das spitzfi ndige Stöbern nach
Wertvollem und Besonderen reizte. Die logische
Schlussfolgerung: aus dem Faible einen Beruf machen.
Das Zusammentreffen mit Willy Tiggemann
machte aus dieser Idee „Nägel mit Köpfen“. 1981
eröffneten die beiden unter dem legendären Namen
„Altes und Antikes – Oma Plüsch“ Auf dem Wüsten
Ort ihren Laden. Das Sortiment setzte sich aus
Antikem und Kuriosem aus vergangenen Epochen
zusammen — Haushaltsaufl ösungen und Entrümpelungen
gehörten ebenfalls zum Portfolio.
1985 machte das Warenhaus Karstadt seine Rechte
an den Räumlichkeiten geltend, „Oma Plüsch“
verließ ihr „Geburtshaus“. Tiggemann und Fahrenkrug
gingen getrennte Wege, doch letzterer konnte
vom Metier nicht lassen. 1986 zog er mit neuen,
schönen Dingen in die Rote Straße Nr. 2. „Gold -Silber – Antiquitäten – Fahrenkrug“ war seither
über dem Ladengeschäft zu lesen. Rund zehn Jahre
später standen an dem Haus Nr. 2 ausführliche
Umbauarbeiten an. Um nicht schließen zu müssen,
zog der Inhaber in eine Übergangs-Bleibe, die
bis heute das Zuhause seines Ladengeschäftes geblieben
ist — denn eigentlich fühlte er sich erst
hier, im historischen Ambiente der Lüneburger
Altstadt, richtig heimisch.
2.000 FACHLITERATUR-TITEL FINDEN SICH IN SEINER PRIVATBIBLIOTHEK, DIE EINENEINDRUCK VON DEM GEBEN, WAS ER SEINEM GEDÄCHTNIS GESPEICHERT HAT.
Sein Augenmerk lag immer schon auf antikem
Schmuck, vor allem Goldschmiede wie Herbert
Zeitner und antike Schmuckstück sind bei ihm zu
fi nden; wenige Möbelstücke, dafür mehr Interieur,
Dekoratives, Silber, Objekte, Bronzen und Plastiken
jeglicher Art speziell aus dem 18. bis 20.
Jahrhundert. Und natürlich gehört nach wie vor
der Gold- und Silberankauf dazu.
Als Sammler hat er sich auf die Schwarz-Weiß-
Fotografi e spezialisiert, vor allem auf die journalistische
Fotografi e aus den Magnum-Fotostudios
New York. Überhaupt ist sein Interesse für die
Kunst groß – vor allem für das Besondere, das
Skurrile. Bleibt neben den Alltagsdingen und dem
Tagesgeschäft noch Zeit, initiiert er Ausstellungen
und ist als Gutachter und Auktionator unterwegs.
Damals wie heute frönt er seiner Leidenschaft und
durchstöbert Trödel- und Antikmärkte. Leider, so
sagt er mit Bedauern in der Stimme, werden die
bedeutenden Funde heute immer seltener. Vieles
wird unterdessen schon an ihn herangetragen, der
Name Fahrenkrug ist im besten Sinne weit über
die Grenzen Niedersachsens hinaus bekannt. Und
die Nachfrage nach Antikem? Ist sie ungebrochen,
ist die Faszination an vergangenen Epochen nach
wie vor vorhanden? Leider, sagt der Antiquitätenfachmann,
lässt diese Faszination immer mehr
nach; die junge Generation fi ndet sich in dem Alten
nicht wieder. Damit stirbt auch das Sammlerpublikum
aus, das noch bis vor 15 Jahren zu seinen
Stammgästen zählte, ihn regelmäßig auf rare
Objekte ansetzte. Ausgenommen sind allerdings
schöne, alte Schmuckstücke. Selbst im Zeitalter
von Internet, eBay und Co. ist das Interesse groß,
man schmückt sich gern mit Individuellem, auch
die Jungen. Das Anhalten, das Anprobieren geht
eben nur persönlich und direkt im Geschäft.
Sein immenses Wissen verdankt er seiner Neugierde.
Interessiert ihn etwas, taucht er in die Materie ein,
liest und forscht und gibt sich erst zufrieden,
wenn es ihm in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Rund 2.000 Fachliteratur-Titel fi nden sich in seiner
Privatbibliothek, die einen Eindruck von dem
gibt, was er in seinem Gedächtnis gespeichert hat.
Doch was wäre alles Wissen ohne die helfenden
Hände, die täglich dafür Sorge tragen, dass seine
Antiquitäten ihr frisches Gesicht erhalten? Da wären
der Möbelrestaurator Alwin Beer, die Gemälderestauratorin
Ute Westädt und Goldschmiedemeisterin
Maiken Rosenbusch.
Gorby vom Lausbubeneck,
Liane Wilm ist seine
rechte Hand im Laden, Marco Rosenkranz sorgt für
die Umsetzung der Grafi k für sämtliche Marketingmaßnahmen
– und nicht zu vergessen der etwas
unwirsche Antiquitätenschnauzer Gorby vom Lausbubeneck,
10 Jahre alt, und das vermutlich einzige
Tier, das den silbernen Hansegiebel am Halsband
trägt.
Seine Schmuckedition „HanseGiebel“ rief „Achim“
Fahrenkrug 2007 ins Leben. Getragen werden
die Schmuckstücke nicht nur von Lüneburgern
und Lüneburgbesuchern, sondern auch von der
Prominenz, darunter Bundespräsident Christian
Wulff, Udo Lindenberg, Franz Beckenbauer und
Maria Furtwängler. Der von ihm entworfene silberne
Treppengiebel hat sich als das neue Symbol
der Hansestadt Lüneburg etabliert. Jährlich wird
etwas Neues ersonnen, in diesem Jahr war es die
silberne Gürtelschließe, die nun im Handel erhältlich
ist.
Sein Wunsch für die kommenden Jahre? Gesundheit
um Beruf und Berufung solange wie möglich
ausüben zu können. Nach wie vor habe er Interesse
an guten Gemälden, schönen Antiquitäten
und Schmuck. Ein großer Wunsch ist nach 20
Jahren bereits in Erfüllung gegangen: mit seinen
Antiquitäten auf dem internationalen Markt präsent
zu sein. Dank Internet ist’s möglich. Sein
Kundenstamm ist heute über den ganzen Globus
verteilt. (nm)
FOTOS: ENNO FRIEDRICH, JOACHIM FAHRENKRUG,
HAJO BOLDT
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